HOAI nach dem EuGH-Urteil

HOAI 2021 | Planerorganisationen begrüßen Rechtssicherheit, kritisieren aber Feh-len einer klaren Aussage zur Angemessenheit

Der Bundesrat hat heute dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf der Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ohne Änderungen zugestimmt. Damit kann die geänderte HOAI wie geplant zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. AHO, Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer, die das Verfahren begleitet haben, sehen ein insgesamt tragfähiges, wenn auch nicht optimales Ergebnis.

„Grundsätzlich sind wir erfreut darüber, dass die HOAI auch künftig als verlässlicher Orientierungsrahmen zur Kalkulation von Honoraren für Architekten und Ingenieure dient. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass die Verordnung die Notwendigkeit deutlicher macht, dass diese Honorare auch in Zukunft angemessen sein müssen“, sagte dazu

Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer.

Immerhin finden sich in der Begründung der Verordnung und in der Ermächtigungsgrundlage, dem ArchLG, selbst deutliche Hinweise darauf, dass die nach der HOAI ermittelten Honorare angemessen sind. „Erinnert sei an das Vergaberecht, das für Planungsleistungen eindeutig den Leistungswettbewerb vorsieht. Damit bei Vergaben nicht doch gegen diesen Grundsatz verstoßen und verstärkt auf den Preis statt auf die Qualität geachtet wird, wäre eine eindeutige Bezugnahme auch im Wortlaut der Verordnung selbst wünschenswert gewesen“, ergänzte Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Wir appellieren an die Auftraggeberseite, weiterhin angemessene Honorare zu zahlen, auch und vor allem im Sinne der Qualität und des Verbraucherschutzes.“

Der Vorsitzende des AHO, Dr.-Ing. Erich Rippert, fügte hinzu: „Erfreulich ist aber, dass die Fachplanungsleistungen der Anlage 1 Bauphysik, Geotechnik, Ingenieurvermessung sowie Umweltverträglichkeitsstudie künftig den Grundleistungen der HOAI gleichgestellt werden. Diese Leistungen sind integraler Bestandteil des Gesamtplanungsprozesses. Die Anpassung an die Vorgaben des EuGH-Urteils kann aber nur der erste Schritt gewesen sein. Erforderlich und notwendig ist nun, die HOAI grundlegend zu modernisieren und dabei auch die Honorartafeln anzupassen.“

Die Anpassung der HOAI ist Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019, in dem er die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure für mit EU-Recht unvereinbar erklärt hatte. Das Gericht hatte dennoch klargestellt, dass verbindliche Mindestsätze helfen, Billigangebote zu vermeiden, die zu einem Sinken der Qualität führen können. Beanstandet wurde, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden dürfen, die nicht ihre fachliche Eignung nachweisen müssen. Das System der Qualitätssicherung von Planungsleistungen sei daher nicht kohärent.

 

Bundesregierung beschließt HOAI-Änderungsverordnung

Parallel zu den laufenden Gesetzgebungsberatungen im Hinblick auf das der HOAI zu Grunde liegende Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen hat das Bundeskabinett am 16.09.2020 die HOAI-Änderungsverordnung verabschiedet. AHO, BAK und BIngK hatten bereits zu dem Referentenentwurf angemerkt, dass im Wortlaut der HOAI deutlich zum Ausdruck kommen muss, dass die nach den Regelungen ermittelten Honorare unter Berücksichtigung der zur Orientierung beibehaltenen Honorartafeln ein angemessenes Honorar darstellen. Dies wurde in dem Kabinettsentwurf trotz der Forderung von AHO, BAK und BIngK aber auch des Verbandes Privater Bauherren noch nicht berücksichtigt. Die HOAI-Änderungsverordnung muss nun auch vom Bundesrat beschlossen werden. Die Bundesländer haben die Möglichkeit, Nachbesserungen in die Beratung im Bundesrat einzubringen.
Die an das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 04.07.2019 angepasste HOAI soll bis zum Jahresende verabschiedet werden und am 01.01.2021 in Kraft treten

Bundeskabinett beschließt Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen

In der heutigen 106. Sitzung hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen ohne Aussprache beschlossen. Damit ist der Weg zur Zuleitung des Gesetzes an den Bundestag frei, der sich nach der Sommerpause mit dem Vorhaben befassen wird.
In der gemeinsamen Stellungnahme von AHO, BAK und BIngK wurden im Wesentlichen die Einführung einer Ermächtigung für eine Angemessenheitsregelung sowie der Erhalt der Verweisungen in der VgV gefordert. Die Forderungen wurden teilweise berücksichtigt.

BMWi legt Entwurf des ArchLG vor – AHO, BAK und BIngK nehmen Stellung und fordern Nachbesserungen

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) zur Diskussion gestellt. Das ArchLG ist die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der HOAI, deren Änderungen parallel bearbeitet werden. Notwendig wurde die Anpassung wegen des EuGH-Urteils vom 04.07.2019. In dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die derzeitigen verbindlichen Honorartafeln zukünftig als Honorarorientierung ausgestaltet. AHO, BAK und BIngK haben in einer gemeinsamen Stellungnahme den Erhalt der HOAI und deren System der Honorarberechnung und Honorarorientierung begrüßt. Nachbesserungsbedarf gibt es im Hinblick auf die Einführung einer Angemessenheitsregelung, mit der eine Balance zwischen Leistung und Preis sichergestellt werden kann. Darüber hinaus ist der Wegfall der Bezugnahmen auf die HOAI in den §§ 76,77 VgV nicht durch das EuGH-Urteil geboten. Das ArchLG soll noch im Juli 2020 im Bundeskabinett beschlossen und nach der Sommerpause dem Bundestag zur Beratung vorgelegt werden. Parallel wird aktuell an dem Entwurf für eine neue HOAI gearbeitet. Sowohl das ArchLG als auch die HOAI sollen bis Ende 2020 verabschiedet werden.

Europäischer Gerichtshof zur HOAI

Der EuGH hat mit Urteil vom 4. Juli 2019 abschließend entschieden, dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze gegen europäisches Recht verstößt. Inwieweit die Regelungen zur Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze weiterhin anzuwenden sind, wird der BGH am 14.05.2020 entscheiden (Az: VII ZR 179/19 – s. auch AHO-Newsletter 2 – 2019, S.3) Die weiteren Regelungen der HOAI, wie die Ermittlung des Honorars, die Leistungsbilder oder die Honorartabellen bleiben weiterhin wirksam. Gleiches gilt für vertragliche Vereinbarungen, die auf der Grundlage der HOAI geschlossen wurden. Die wichtigsten Informationen zu den Auswirkungen auf die Vertragspraxis finden Sie unten stehend.

Ministerien zur Anwendung der HOAI nach EuGH-Urteil

Anfang August hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) für die Übergangszeit bis zum Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens zur Anpassung der HOAI einen Anwendungserlass sowie Hinweise zum Vertrag Objektplanung – Gebäude und Innenräume für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) veröffentlicht. In dem Erlass wird klargestellt, dass bei Verträgen der Öffentlichen Hand mit Architekten oder Ingenieuren, die vor Urteilsverkündung geschlossen wurden, diese weiterhin als wirksam anzusehen sind, auch soweit bei der Vergabe und dem Vertragsschluss von der verbindlichen Geltung der Mindest- und Höchsthonorarsätze der HOAI ausgegangen wurde.
Einen Erlass mit vergleichbarem Inhalt veröffentlichte auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur am 23.08.2019.
Die Informationen können Sie hier abrufen: